Judith Linardakis / ZVG
(c) Judith Linardakis / ZVG
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Einen offenen Brief an alle Mütter von Flaschenkindern schreibt Judith Linardakis (38), Angestellte aus München. Sie will anderen Mut machen, denn: “Rückblickend habe ich genau das Richtige gemacht.” Ein Erfahrungsbericht.

“Hallo liebe Mamas! Ihr könnt auch nicht stillen, oder wollt es vielleicht auch gar nicht. Um all denen Mut zu machen und das schlechte Gewissen zu nehmen, die ihren Weg mit der Flasche gehen, erzähle ich, wie meine beiden Jungs auch ohne Stillen groß werden, nicht öfter krank sind als andere Kinder und wie eng unsere Bindung ist.

Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als ich den Schwangerschaftstest gemacht habe. Die Vorfreude auf unser Kind kannte keine Grenzen, und natürlich war auch völlig klar, dass ich stille. Ohne jeden Zweifel.

Allerdings kenne ich keine Frau in unserer Familie, bei der es funktioniert hat. Meine Oma hatte neun Kinder, und keines konnte gestillt werden. Meiner Mutter erging es genauso. Aber ich war mir sicher: Ich würde die erste Frau in der Familie sein, die stillt. Schließlich ist die Beratung heute hervorragend, und es gibt so viele Tricks und Mittel, die man damals wahrscheinlich noch gar nicht kannte.

In Anbetracht der familiären ‘Vorbelastung’ meinte meine Hebamme nur: Kauf mal auch ein paar Flaschen für alle Fälle. Also gut, ein paar Flaschen besorgte ich. Dann endlich, nach 42 Wochen, im Juni 2010, erblickte unser erster Sohn das Licht der Welt. Nach einer sehr anstrengenden Geburt und einem Kind mit über 4000 Gramm legte ich auch wirklich sofort etwa alle drei Stunden an. Der Kleine saugte mich gleich nach dem ersten Tag komplett wund. Nach jedem Anlegen schrie er wie am Spieß und trank zügig das Fläschchen leer, das uns die Schwester brachte.

Hebamme nahm mir den Druck

Zu Hause angekommen, ging es genauso weiter – meine Brustwarzen waren nur noch blutig und die Schmerzen fast unerträglich. Aber natürlich habe ich erst mal weitergemacht – denn als gute Mutter musst du schließlich stillen.

Meine Hebamme erklärte mir dann allerdings, dass das Stillen bei mir sinnlos sei, es käme einfach nichts. Ich holte mir daraufhin eine Milchpumpe aus der Apotheke und pumpte regelmäßig ab. Über einen Tag verteilt kamen genau 50 Milliliter. Mein Sohn trank zu diesem Zeitpunkt aber schon fünf Flaschen zu jeweils 200 Milliliter. Da auch Boxhornklee und Zwischenpumpen nichts nutzten und ich mir obendrein eine Brustentzündung zugezogen hatte, entschied ich mich schweren Herzens abzustillen.

Mein Mann und mein Umfeld bestärkten mich in diesem Schritt. Nach einiger Zeit hatte ich mich schließlich damit abgefunden, dass mein Kind nicht gestillt wird, und auch irritierte Blicke und Bemerkungen lernte ich zu ignorieren. Schließlich war es meine Angelegenheit und niemand hatte miterlebt, was wir hinter uns hatten.

Bilanz fünf Jahre später

Mein Sohn ist heute fünf Jahre alt und nicht öfter krank als andere Kinder. Allergien hat er bis heute auch nicht. Unser Mutter-Kind-Verhältnis ist und war zu keinem Zeitpunkt gestört. Rückblickend habe ich genau das Richtige gemacht – ich hatte einfach keinen Milcheinschuss, und mein Kind wäre im Leben nicht satt geworden.

Ich glaube, sobald man mit sich im Reinen ist und guten Gewissens akzeptiert, dass das eigene Kind nicht gestillt wird, erkennt man auch schnell die Vorteile. Auch mein Mann und meine Eltern konnten die Flasche geben, dadurch war alles sehr flexibel.

Keine Mutter ist schlecht, nur weil sie nicht stillt

Mein Zweiter Sohn kam im Dezember 2014 zur Welt. Meine Hebamme nahm mir sofort allen Druck und sagte: Lass das mit dem Stillen – gib ihm sofort die Falsche. Genauso habe ich es gemacht und ich fühle mich bestens dabei. Keine Mutter ist schlecht, nur weil sie nicht stillen kann oder will. Die Liebe zu ihrem Kind ist genauso groß und die Bindung auch.

Liebe Mamas, lasst euch nichts anderes einreden, es ist eure Entscheidung.”

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